Cannabis: Arzneipflanze des Jahres 2018
Die Hanfpflanze Cannabis sativa, die eine Vielzahl an pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffen enthält und nun auch in Österreich zur Arzneistoffgewinnung angebaut wird, wurde von der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) – bestehend aus ExpertInnen der pharmazeutischen Institute der Universitäten Graz, Innsbruck und Wien – zur Arzneipflanze des Jahres 2018 gekürt.
Die HMPPA ist ein einzigartiges wissenschaftliches Netzwerk, das seit seiner Gründung am 1. Dezember 2006 Naturstoffe erforscht, um pflanzliche Arzneistoffe zu entwickeln – mit dem Ziel, diese Erkenntnisse gemeinsam mit Partnern aus Medizin und Wirtschaft zum Wohle der Patienten nach modernsten wissenschaftlichen Standards umzusetzen. „Die erklärten Tätigkeitsfelder der HMPPA sind die grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung, deren Umsetzung in der Pharmazeutischen Industrie, sowie die Aus- und Weiterbildung im Bereich pflanzlicher Arzneimittel“, betont Univ.-Prof. Mag. Dr. Hermann Stuppner, Präsident der HMPPA, Abteilung für Pharmakognosie am Institut für Pharmazie, Universität Innsbruck.
Kriterien für die Auswahl zur Pflanze des Jahres
Die Arzneipflanze des Jahres 2018 wurde unter Berücksichtigung folgender Kriterien gewählt:
- Bezug zu Österreich
- wissenschaftliche Aktualität
- Bedeutung in der Medizin und Pharmazie
- wirtschaftliche Bedeutung
- neue Indikationsgebiete
Unterschied zwischen Faserhanf und Drogenhanf
Die Hanfpflanze Cannabis sativa zählt zu den ältesten Nutz- und Zierpflanzen der Welt und enthält eine Fülle verschiedener Cannabinoide, Terpene und Flavonoide. „In Österreich wird Cannabis sativa ssp. sativa einerseits v.a. wegen der langen Fasern als Faserhanf landwirtschaftlich im Feldanbau genutzt. Andererseits wird sie seit kurzem von der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) wegen ihres Gehaltes an Cannabinoiden als Drogenhanf für die Isolierung von Dronabinol unter streng kontrollierten Bedingungen in Gewächshäusern kultiviert“, so em. o. Univ.-Prof. Dr. Chlodwig Franz, Vizepräsident der HMPPA, Abt. Funktionelle Pflanzenstoffe, Veterinärmedizinische Universität Wien.

Seit kurzem wird Cannabis in Österreich nicht nur als Nutzpflanze, sondern – unter strengen Bedingungen – auch zur Arzneistoffgewinnung angebaut. Foto: AGES
Reinsubstanzen als Arzneimittel
Es ist wichtig, zwischen den Zubereitungen der Pflanze Cannabis sativa, (Haschisch oder Marihuana), die auch wegen ihrer berauschenden Wirkung verwendet werden, und den als Reinsubstanzen verwendeten und als „Cannabinoide“ bezeichneten spezifischen Hauptwirkstoffen Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD) zu unterscheiden.
„THC und CBD besitzen ein unterschiedliches Wirkspektrum und können bei bestimmten Beschwerdebildern positive medizinische Wirkungen erzielen“ erklärt Univ.-Prof. Dr. Rudolf Bauer, Vizepräsident der HMPPA, Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, Karl-Franzens-Universität Graz.
Die Zusammensetzung der Wirkstoffe in der Cannabis-Pflanze unterliegt großen Schwankungen, daher variiert auch die Qualität der Droge stark. Aus diesen Gründen werden für medizinische Zwecke Zubereitungen der Reinsubstanzen bevorzugt, weil nur so eine genaue Dosierung und eine sinnvolle Arzneimitteltherapie möglich ist.
Rechtliche Situation in Österreich
Die rechtliche Situation von Cannabis – also Pflanzenteilen und Zubereitungen der Pflanze – sowie seinen Reinsubstanzen ist im österreichischen Suchtmittelgesetz genau geregelt. „Durch eine Ausnahmeregelung ist der medizinische Einsatz von cannabisbasierten Arzneimitteln erlaubt“, erläutert Univ.-Prof. Dr.Dr.h.c. Brigitte Kopp, Vizepräsidentin der HMPPA, Department für Pharmakognosie, Universität Wien.
Medizinische Einsatzgebiete
- Dronabinol (THC): Einsatzgebiete sind v.a. Tumorschmerzbehandlung und Symptomkontrolle in der Palliativmedizin – also in der Behandlung von schweren chronischen Schmerzen und anderen Symptomen bei Tumor- und Palliativpatienten als Ergänzung (Add-on) zu Opioiden. Cannabinoide können starke Opioide keinesfalls ersetzen, aber deren Wirkung steigern und deren Nebenwirkungen wie v.a. Appetitmangel oder Übelkeit reduzieren.
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Cannabidiol (CBD): Die am besten untersuchten Indikationen sind frühkindliche refraktäre Epilepsien, kindliche Schizophrenie sowie die Vorbeugung von Graft-versus-Host-Reaktionen nach Knochenmarkstransplantationen. Auch die Schizophrenie bei Erwachsenen könnte eine sinnvolle Indikation darstellen. Als weitere Einsatzgebiete kommen entzündliche Erkrankungen und Glio-blastome infrage, dazu fehlen jedoch noch aussagekräftige klinische Studien. Derzeit gilt Cannabidiol in Österreich nicht als Arzneistoff, es dürfte jedoch in absehbarer Zeit in den USA und Europa erste Arzneimittel-Zulassungen bekommen.
Verschreibungsmodalitäten in Österreich
Für die Verordnung THC-haltiger Präparate ist lediglich ein Suchtgiftrezept („Suchtgift-Vignette“) erforderlich. Die Verschreibung kann durch jeden Arzt erfolgen, für die Kostenübernahme seitens der Krankenkassen wird jedoch in jedem Fall eine begründete medizinische Indikation sowie die chefärztliche Genehmigung notwendig.
Cannabidiol-haltige, THC-freie Zubereitungen aus Hanf können als Nahrungsmittel (Hanföl, Tee, etc.) gekauft werden, sind in dieser Form laut der HMPPA jedoch aufgrund variierender Mengen an Inhaltsstoffen für Therapiezwecke nicht geeignet. Um eine medizinische Wirkung zu erreichen, seien Kapseln oder eine hochprozentige Lösung (10 %) zu empfehlen.
Geringes Suchtpotenzial
Cannabidiol besitzt aufgrund fehlender berauschender Wirkung keinerlei Suchtpotenzial. Dronabinol hat ein geringes Sucht- und Abhängigkeitspotenzial. Zwar kann Dronabinol nach langem und hochdosiertem Gebrauch Entzugsreaktionen auslösen, einige Daten deuten aber darauf hin, dass Dronabinol und vor allem Cannabidiol sogar geeignet sein könnten, Drogenabhängige bei einem Entzug zu unterstützen.
In Österreich erhältliche Arzneimittel auf Basis von Cannabis sativa
Neben Kapseln oder Tropfen ist auch ein Sublingual-Spray mit einer Dronabinol-CBD-Mischung im Handel. Daneben sind synthetisches Dronabinol sowie das synthetische THC-Analogon Nabilon auf dem heimischen Arzneimittel-Markt.
Quelle: HMPPA, PR Agentur Hennrich
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