Einst waren auch in unseren Breiten die meisten Menschen froh, wenn sie genug zu essen hatten. Doch heute überlegen sich viele genau, was auf den Tisch kommt. Tut das Essen meinem Körper gut? Ist es ökologisch und ethisch vertretbar? Mittlerweile gibt es etliche alternative Ernährungsarten – wir klären auf, wer was isst.
Essen gestern und heute
Wie ernährte sich Otto Normalverbraucher, also der Bürger in durchschnittlichen Lebensverhältnissen, in den 1950er Jahren? Unter der Woche gab es meist einfache, fleischlose Gerichte. Die Hausfrau war darauf bedacht, ihre Lieben satt zu bekommen, doch an Sonn- und Feiertagen brachte sie oft einen deftigen Schweinsbraten oder ein Wiener Schnitzel auf den Tisch. Durch den Nahrungsüberfluss am Ende dieses Jahrzehnts änderten sich dann die Ernährungsgewohnheiten drastisch. Man legte immer mehr Wert auf ein „gutes Essen“, das man mit vermehrtem Fleischgenuss verband. Beliebt waren in dieser Zeit die Pommes frites als Beilage. Manchmal landete auch ein kleines Portiönchen weich gekochtes Gemüse auf dem Teller, denn um Vitamine machte man sich noch wenig Gedanken. Ein Umdenken fand erst statt, als die Chinesischen Restaurants aus dem Boden schossen, denn das ungewohnt knackige Gemüse fand in unseren Breiten großen Anklang. So ließ man sich das Gemüse, das leicht nachzukochen war, gern schmecken.
Essen als Glaubensfrage?
Heute haben wir hohe Erwartungen an unsere Nahrung, die vor allen Dingen gesund sein soll. Auch gibt es immer mehr Menschen, die bewusst auf bestimmte Lebensmittel oder Zubereitungsarten verzichten. Viele suchten nach Alternativen zu tierischen Produkten und mittlerweile gibt es etliche unterschiedliche Esstypen. Dabei ist es fast schon eine Glaubensfrage, denn viele meinen, ihre Ernährungsweise sei die beste.
Veganer
Sie lehnen alle tierischen Produkte wie Milch, Eier, Käse, Gelatine und Honig ab. Auch verzichten die meisten Veganer auf Kleidung aus Leder, Pelz, Wolle und Seide. Sie betten sich nicht in Daunenfedern und meiden darüber hinaus Orte oder Veranstaltungen, an denen Tiere ausgestellt oder vorgeführt werden. Ebenso benutzen sie keine Produkte, die an Tierversuchen getestet werden. Der Ausdruck „vegan“ geht auf den Briten Donald Watson zurück, der 1944 die erste vegane Gesellschaft gründete. Der Bio-Veganismus ist eine Ernährungsform, bei der die pflanzlichen Lebensmittel unter ökologischen Gesichtspunkten hergestellt sein müssen. Auch wird darauf geachtet, dass sie nur in der entsprechenden Saison konsumiert und nach den Prinzipien des Fairtrade hergestellt werden.
Vegetarier
Sie verzichten auf Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte und verzehren nur Produkte vom lebenden Tier wie Milch, Honig usw. Viele entscheiden sich aus ethischen oder ökologischen Aspekten für diese Ernährungsform. Andere wollen sich einfach nur gesünder ernähren, denn die Vorteile der vegetarischen Kost liegen darin, dass ein großer Anteil von Obst und Gemüse auf den Tisch kommt. Der Vegetarismus ist keine Erfindung der Neuzeit. Schon in der Antike ernährten sich viele Menschen, hauptsächlich aus religiösen Gründen, fleischlos. Ein bekannter Vegetarier ist der griechische Philosoph Pythagoras.
Beispiele einiger Unterformen des Vegetarismus:
Ovo-Lacto-Vegetarier
Sie essen weder Fleisch noch Fisch, konsumieren aber Eier, Milch und Milchprodukte.
Ovo-Vegetarier
Sie verzichten auf Milchprodukte, essen aber Eier. Diese Ernährungsform ist meist auf eine Laktoseintoleranz zurückzuführen.
Lacto-Vegetarier
Sie essen Milchprodukte, aber keine Eier, da diese für sie ungeborenes Leben darstellen.
Pudding-Vegetarier
So bezeichnet man spöttisch die Vegetarier, die auf gesundheitliche Aspekte keinen Wert legen. Sie achten weder auf Vitamine, Ballaststoffe oder Kalorien und essen gern Süßigkeiten und Fertigprodukte.
Frutarier
Sie üben eine strenge Form des Veganismus aus und ernähren sich nur von Produkten, für deren Gewinnung keine Pflanze, von der sie stammen, beschädigt wird, d. h. von Fallobst, Nüssen und Samen. Erlaubt sind auch Tomaten, Paprika, Avocado oder Kürbisse. Ausgeschlossen sind dagegen Kartoffeln, Zwiebeln und Rüben, da die Pflanzen bei der Ernte zerstört werden. Durch die eingeschränkte Auswahl an Nahrungsmitteln kann ein Mangel an wichtigen Nährstoffen wie Vitamin D, Eisen oder Kalzium auftreten. Mahatma Gandhi war fünf Jahre lang Frutarier, kehrte aber nach einer Rippenfellentzündung zum Vegetarismus zurück. Auch der vegan lebende Apple-Mitgründer Steve Jobs war vorübergehend Frutarier. Durch den vermehrten Obstverzehr soll er sogar auf das Logo mit dem angebissenen Apfel gekommen sein.
Freeganer
Sie versuchen, ohne materielle Not weitgehend kostenlos zu leben und ernähren sich von weggeworfenen, geschenkten oder abgelaufenen Lebensmitteln. Damit möchten sie ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft setzen. Der Begriff leitet sich ab von dem Wort free (engl. für frei) und vegan für eine Person, die keine Tierprodukte verzehrt. Doch nicht jeder Freeganer ernährt sich ausschließlich vegan.
Eine Praxis des Freeganismus ist das Containern oder Dumpstern (von engl: Dumpster Diving – Mülltauchen). Sie tauchen in die Mülltone und holen sich dort ihr Essen aus dem Abfall, den die Supermärkte täglich produzieren.
Rohköstler
Sie verzehren keine gekochte oder gebratene Nahrung, die sie für schädlich halten, da sie nach ihrer Ansicht keine Vitamine und Enzyme mehr enthält. Rohköstler sind überzeugt davon, dass ihre Ernährungsform die gesündeste ist und konsumieren nichts, was man nicht im rohen Zustand essen kann. Die Nahrung kann vegetarisch, vegan oder omnivor sein, d. h. sie kann auch Fleisch und Fisch enthalten. Wichtig ist nur, dass sie nicht gekocht, gebraten oder gegrillt wird.
Ernährungswissenschaftler halten eine Ernährung mit hohem Rohkostanteil für sinnvoller, als nur rohe Speisen zu verzehren, da vielen Rohköstlern wichtige Mineralstoffe wie Zink, Jod, Kalzium und Vitamin D fehlen.
Flexitarier
Das sind die flexiblen Vegetarier, die auch Teilzeitvegetarier genannt werden. Fleisch konsumieren sie in Maßen, das dann aber von sehr guter Qualität sein muss. Sie lehnen die Massentierhaltung ab und achten vor allem auf eine gesunde und bewusste Ernährung. Dabei werden saisonale und regionale Produkte aus biologischer Landwirtschaft bevorzugt. Auf den Teller kommen Vollkorn- und Sojaprodukte, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Wie so oft kommt auch der Name Flexitarier aus den USA., der sich aus den Worten „flexibel“ und „vegetarian“ zusammensetzt. Interessant ist, dass der Begriff „Flexitarier“ im Jahr 2003 von der „American Dialect Society“ zum nützlichsten Wort des Jahres gewählt wurde. Auch in Europa gibt es immer mehr Flexitarier, die drei- bis viermal in der Woche auf den Fleischkonsum verzichten.
Pescetarier
Sie essen wie die Vegetarier und Veganer kein Fleisch, dafür aber Fisch. Bei vielen Pescetariern stehen keine Krebs- und Weichtiere auf dem Speiseplan. Pescetarier begründen ihrr Ernährungsform damit, dass sie durch den Fischverzehr eine bessere Versorgung mit Eiweiß, Omega-3-Fettsäuren und Aminosäuren haben als Veganer oder Vegetarier. Fisch soll besonders vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Einer Studie zufolge sterben in Japan, wo fast täglich Fisch gegessen wird, weitaus weniger Menschen am plötzlichen Herztod als z. B. in Deutschland. Pescetarier legen besonderen Wert auf gesunde Ernährung. Der Nachteil gegenüber dem Vegetarismus und Veganismus liegt in der Belastung von Speisefischen mit Umweltgiften.
Peganer
Der neueste Ernährungstrend stammt wieder einmal aus den USA. Er kombiniert den Veganismus mit der Steinzeiternährung (Paleo), die auch Fleisch, Fisch und Eier erlaubt. Beim Peganismus werden die beiden Ernährungsformen etwas aufgelockert. Peganer verzichten auf Zucker, Milch und alle künstlich verarbeiteten Produkte. Sie essen nur frische, naturbelassene Lebensmittel und verwenden natürliche Süßstoffe wie Ahornsirup, Stevia oder Birkenzucker. Hauptbestandteil ihrer Nahrung sind Obst und Gemüse, Fleisch und Eier gibt es nur in geringen Mengen und in Bioqualität. Erfinder des Peganismus ist der amerikanische Arzt Mark Hyman. Sein Ziel war es, eine Ernährungsform zu schaffen, die beide Ernährungsformen bestmöglich vereint. Ein Nachteil besteht darin, dass es durch die strengen Regeln für Peganer fast unmöglich ist, auswärts essen zu gehen.
Text: Gerlinde Eichhorn
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