Noch ist es dunkel. Dichte Nebelwolken versperren die Sicht auf das Reiseziel unter uns. Sehr früh an einem kühlen Septembermorgen landen wir, Miri, eine sehr liebe Freundin von mir, und ich auf dem Flughafen von Tuzla.

In der Warteschlange vor der Passkontrolle herrschen Gedränge und Stimmengewirr in bosnischer Sprache. Während es nur langsam voran geht, kommen wir mit einer bosnischen Mitreisenden ins Gespräch, die wie wir in Wien lebt und Deutsch spricht. Ob wir auch Verwandte besuchen, fragt sie uns. Wir verneinen. Es scheint, als wären wir die einzigen, die von Wien als Touristen nach Tuzla kommen. „Ist das euer erster Besuch in Tuzla?“, möchte sie wissen. Ja, so ist es.  Sofort beginnt sie von den Salzseen zu schwärmen und gibt uns noch ein paar Insider-Tipps, wo wir besonders gut essen und einkaufen können. Schnell speichere ich ihre Ratschläge in meinem Handy ein. „Ihr werdet Tuzla lieben“, meint sie, als wir uns schließlich verabschieden müssen.

Vor dem Flughafengebäude wartet bereits das vorbestellte Taxi, das uns in das Apartment nahe der Salzseen und dem Zentrum bringt. Etwa 20 Minuten dauert die Fahrt. Langsam lichtet sich der Nebel und gibt uns den Blick frei auf grüne Wälder, weite Felder und die Stadt Tuzla in der Ferne.

Tuzla, Altstadt, mit einem Stand, der Bilder verkauft

Altstadt in Tuzla

Tuzla ist lebhaft und bunt

Nach einer kurzen Erholungspause machen wir uns auf den Weg, um die Altstadt zu erkunden. Mittlerweile leuchtet das erste Morgenlicht über den Dächern. Laut Wettervorhersage erwartet uns ein warmer Spätsommertag.

Die Stadt ist mit rund 110.000 Einwohnern die drittgrößte in Bosnien und Herzegowina und liegt am Fuße des Majevica-Gebirges. Eigentlich hat Tuzla ja den Ruf einer nicht besonders schönen Industriestadt. Umso mehr überrascht uns die stimmungsvolle Altstadt mit den farbenfrohen Häusern und den idyllischen Plätzen. In den Hauptstraßen und Gässchen herrscht reges Treiben. Menschen flanieren durch die Straßen, andere sitzen plaudernd in einem der vielen Restaurants oder Cafés.

Brunnen in Tuzla, Bosnien und Herzegowina

Der Brunnen auf dem Freiheitsplatz in der Altstadt mit dem Minarett der Hadži Hasanova Moschee im Hintergrund

Auffallend bunt ist hier alles. Wir spazieren vorbei an pinken Lounge-Garnituren, wandeln über farbiges Straßenpflaster, vorbei an liebevoll gestalteten Boutiquen und Geschäften. Farbenfrohe Häuser bestimmen das Stadtbild.


Gazi Turali Beg Moschee

Redakteurin Nanja Antończyk unterwegs in Tuzla

Kunst und Souvenirs

Kunst, Graffitis und kleine, aber feine Läden

Überall an den Hauswänden finden sich Kritzeleien und Graffitis. Sie verleihen dem Städtchen einen künstlerischen und lebhaften Touch. Besonders ein kleines Gässchen hat es mir angetan. Ich nenne es fortan „Graffiti Lane“ Die vielen bunten Graffitis faszinieren mich – ein perfekter Selfie-Hintergrund.

Kunst findet man hier aber nicht nur in den Straßen, sondern auch in etlichen Galerien mit zeitgenössischer Kunst von bosnischen und internationalen Künstlern. Bei unserem Bummel durch die Altstadt entdecken wir interessante kleine Läden. Ich erinnere mich an die Tipps unserer Bekanntschaft vom Flughafen. In einem kleinen Gässchen finden wir, etwas versteckt gelegen, ein von ihr empfohlenes Geschäft. Zwischen Souvenirs und Kitsch entdecke ich den handgefertigten Künstlerschmuck, von dem sie so schwärmte. Als Schmuckliebhaberin kann ich nicht widerstehen. Ein paar schöne Unikate bereichern nun meine Sammlung. Die Vielfalt der kleinen, aber feinen Läden begeistert uns. Es macht richtig Spaß, auch mal abseits der großen Warenhausketten zu shoppen und Unikate und ausgefallene Dinge zu entdecken.

Graffiti in der Altstadt von Tuzla

Graffiti in der Altstadt von Tuzla

Tipp: Auch Gold- und Silberschmuck gibt es in Tuzla wesentlich günstiger zu kaufen als bei uns. Die meisten Schmuckstücke entsprechen jedoch wahrscheinlich eher nicht dem westlichen Geschmack. Man scheint hier einen Hang zum Überladenen, Protzigen zu haben. Einige der Schmuckstücke gefallen mir jedoch ausgesprochen gut.

Landestypische herzhafte Genüsse

Langsam bekommen wir Hunger und nehmen Platz unter den schattenspendenden Schirmen im Vorgarten eines gemütlichen Lokals. Es ist sehr gut besucht. Für uns ein Zeichen, dass das Essen gut sein muss, da in Tuzla hauptsächlich Einheimische unterwegs sind.

Wir bestellen Ćevapčići nach traditionellem, bosnischen Rezept, dazu Fladenbrot und gemischten Salat. Im Laufe unseres Aufenthaltes probieren wir noch weitere landestypische Gerichte, stets frisch zubereitet: Bosanski Lonac, übersetzt einfach „Bosnischer Eintopf“, Klepe – Bosnische Hackfleischknödel oder Uštipci, kleine Teigbällchen, die man sowohl mit süßen oder pikanten Aufstrichen isst.

Es schmeckte jedes Mal vorzüglich und für uns als Touristen war es darüber hinaus ausgesprochen günstig. Das Essen ist im Allgemeinen eher fleischlastig, aber auch Vegetarier oder Veganer finden reichlich Auswahl an Gemüse und Salaten – allen voran der hauchdünn geschnittene Krautsalat, der typisch ist für die Balkanländer.


Ćevapčići

Frische Beilagen

Cocktailkarte

Die meisten Bosnier, die in der Gastronomie oder in den Geschäften der Altstadt arbeiten, sprechen sehr gut Englisch. Ein paar Ausnahmen gab es dennoch. Meine Freundin, die bosnischer Herkunft ist, übersetzte geduldig. Doch auch ohne Bosnisch-Kenntnisse klappt die Verständigung, denn wir waren interessensbedingt auch getrennt unterwegs. Die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Bosnier ist mir jedenfalls bis heute in Erinnerung geblieben.

Zum Abschluss stärken wir uns noch mit einem bosanska kafa – also bosnischem Kaffee. Er erinnert mich am ehesten an türkischen Kaffee, obwohl die Zubereitung doch etwas anders ist.

Auch abends ist in Tuzla einiges los. Vor allem am Wochenende verwandelt sich der Hauptboulevard in eine Partymeile. Viele junge Leute sind unterwegs, sitzen draußen vor den Lokalen, rauchen Shisha oder trinken Cocktails. Wir entdecken eine wunderbare, kleine Cocktailbar. Während unseres Aufenthaltes sind wir fast Stammgäste und lassen fast jeden Abend bei einer Piña Colada oder einem Mojito ausklingen.

Die einzige europäische Stadt mit Salzseen

Am nächsten Tag stehen die Salzseen auf dem Programm. Sie gaben der Stadt ihren Namen. Das Wort Tuzla stammt aus dem Türkischen: Tuz steht für Salz. Nirgends sonst in der Region gab es solche Vorkommen. Bereits im Mittelalter, unter der Herrschaft der bosnischen Könige, wurde hier dank der ausgedehnten unterirdischen Salzlagerstätten Salz gewonnen.

Neben der Salzproduktion entschied sich die Gemeinde, diesen natürlichen Reichtum zu Gesundheits- und Erholungszwecken zu nutzen. So entstand Pannonica – ein in Bosnien und Herzegowina einzigartiges Salzsee-Trio, im Herzen der Stadt gelegen. Ergänzt wurde das Pannonica-Trio mit den Slano Wasserfällen, dem archäologischen Park und einem Museum, das die Geschichte der Stadt Tuzla seit der Jungsteinzeit erzählt. Diese drei pannonischen Salzseen sind einzigartig in Europa und definitiv die Hauptattraktion.

Pannonica- Salzsee in Tuzla mit Kieselstrand

Pannonica- die Salzseen in Tuzla mit Kieselstrand

Strände im Stadtzentrum

Eine Gesamtküstenlänge von 1.000 Metern und ca. 10.000 m2 Kiesstrände bieten den Badegästen viele Möglichkeiten. Das Wasser ist auch für seine heilenden Eigenschaften bekannt. Vor allem bei Atemwegserkrankungen und Rheuma hat es sich bewährt. Die Slani-Wasserfälle sind eine Art Inhalationstherapie im Freien. Der Salzgehalt des Wassers entspricht dem des Meerwassers. Als wir den Salzsee besuchen ist eigentlich kein richtiges Badewetter. Daher sind kaum Menschen dort und wir müssen auch keinen Eintritt bezahlen. An heißen Tagen sieht es natürlich anders aus.

Kulturelle Vielfalt in Tuzla

In Tuzla sprach man 1910 elf verschiedene Sprachen, 23 Nationalitäten lebten in der Stadt: 30 Prozent der Einwohner waren Ausländer. Ingenieure kamen aus Tschechien, Arbeiter aus der Bukowina, Beamte aus Österreich. Heutzutage wollen viele Bosnier ihre Heimat verlassen. Sie haben kaum Chancen, in Bosnien und Herzegowina einen Job zu finden. Fast 70 Prozent der jungen Menschen sind arbeitslos. Seit 2013 haben mehr als 150.000 Menschen das Land verlassen, rund fünf Prozent der Bevölkerung. In Bosnien und Herzegowina leben Muslime, Orthodoxe, Katholiken sowie Juden und Roma. Als Besucher des Landes sollte man bei Diskussionen über diese Glaubensrichtungen zurückhaltend sein.

Täglich ruft der Muezzin

Fünf Mal täglich ruft der Muezzin die Gläubigen zum Gebet. Während der Lautsprecher mit dem Aufruf in arabischer Sprache alles übertönt, geht das pulsierende Leben in den Straßen weiter. Etwas mehr als 50 Prozent der Bevölkerung in Bosnien und Herzegowina gehören dem Islam an. Dennoch merken wir auf den Straßen nicht all zu viel davon. Frauen mit Kopftuch sind eher die Ausnahme. Ein paar schöne Moscheen gibt es in Tuzla zu sehen, wie zum Beispiel die Hadži Hasanova Moschee oder die Gazi Turali Beg Moschee. Sie verleihen der Stadt ein orientalisches Flair.

Ausflugsmöglichkeiten rund um Tuzla

Naturliebhaber und Erholungssuchende kommen im Umland von Tuzla ebenfalls auf ihre Kosten. Das Majevica Gebirge, mit seinen Wiesentälern, klaren Flüssen und Seen lädt zu ausgedehnten Touren ein. Ebenfalls in der Nähe befindet sich der Modrac Stausee – ein Naturparadies für Angler und Wanderer.

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